Einleitung
1. Evangelische Ortskirchengeschichte
1806 traten die Freiherren von Speth die Herrschaft Gammertingen-Hettingen an das Haus Hohenzollern-Sigmaringen ab. Nach der Abdankung der Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen und Friedrich Wilhelm Konstantin von Hohenzollern-Hechingen 1849 wurde Hohenzollern preußisch. Da 1850 in Hohenzollern nur knapp ein Prozent der Bevölkerung evangelisch war, wurde Hohenzollern keine eigene Kirchenprovinz, sondern die hohenzollerischen Lande wurden verwaltungsmäßig dem Königlichen Konsistorium der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union (als der vom König eingesetzten kirchlichen Behörde) in Koblenz unterstellt. Die Evangelischen im damaligen Oberamtsbezirk Gammertingen gehörten seit 1861 zur evangelischen Kirchengemeinde Sigmaringen. 1891 wurde die evangelische Kirchen-gemeinde Gammertingen gegründet. Hatten in ihrem Sprengel 1851 nur 87 evangelische Christen gelebt, so war ihre Anzahl bis zum Jahr 1890 auf 233 angestiegen. Pfarrvikar und ab 1891 erster evangelischer Pfarrer in Gammertingen wurde Ernst Müller aus Opladen. Laut dem „Erektions-Dekret vom 11. Juni 1891 gehörten zur evangelischen Kirchengemeinde Gammertingen die Evangelischen in Benzingen, Blättringen, Burladingen, Feldhausen, Freudenweiler, Gammertingen, Gauselfingen, Harthausen a.d. Scher, Harthausen bei Feldhausen, Hermannsdorf, Hermentingen, Hettingen, Hochberg, Hörschwag, Inneringen, Kettenacker, Melchingen, Neufra, Ringingen, Salmendingen, Steinhilben, Stetten u. Holstein, Trochtelfingen, Veringendorf und Veringenstadt, insgesamt also 25 Teilorte. 1878 wurde auf Beschluss der bürgerlichen Gemeinde Gammertingen ein Saal für die evangelischen Gottesdienste im Schulhaus eingerichtet. 1892 erwarb die evangelische Kirchengemeinde von Fürst Leopold von Hohenzollern einen großen Platz im Roten Dill. 1899 und 1900 wurde darauf ein Bet- und Pfarrhaus errichtet und am 23. September 1900 eingeweiht. Auch der Schulsaal der privaten evangelischen Volksschule (1904-1923, 1926-1936) für ca. 18 bis 20 Schülerinnen und Schüler war im Pfarrhaus untergebracht. Heute stehen auf dem Platz Kirche, Gemeindehaus und Pfarrhaus. Seit 1898 bildeten die evangelischen Kirchengemeinden Gammertingen, Sigmaringen, Hechingen, Haigerloch und Dettingen den „Selbständigen Kirchenkreis der Hohenzollernschen Lande mit einem eigenen Dekan, unterstellt der Rheinischen Kirchenprovinz. 1949 wurde der Kirchenkreis der hohenzollerischen Lande mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vereinigt. Gammertingen ist damals dem Dekanat Reutlingen eingegliedert worden. Der große Flüchtlingsstrom seit Kriegsende führte zu einem starken zahlenmäßigen Anstieg evangelischer Christinnen und Christen in Gammertingen und seiner Umgebung. 1930 betrug ihre Anzahl 350, 1950 schon 896, um dann bis 1957 auf 1650 Gemeindemitglieder zu steigen, weswegen bisherige Filialen von Gammertingen anderen Pfarreien zugeteilt wurden. 1951 umfasste die Kirchengemeinde Gammertingen die 16 Teilorte Ringingen, Burladingen, Gauselfingen, Hermannsdorf, Harthausen, Feldhausen, Neufra, Gammertingen, Kettenacker, Freudenweiler, Hettingen, Hermentingen, Inneringen, Veringenstadt, Veringendorf und Hochberg. Am 3. Juni 1956 wurde der Grundstein zum Bau der evangelischen Kirche in Gammertingen gelegt, die am 7. April 1957 eingeweiht wurde. Literatur: - 100 Jahre Evangelische Kirchengemeinde 1890-1990, hrsg. v. der Evangelischen Kirchengemeinde Gammertingen, Redaktion Karl Hardecker, Rainer Kerst und Botho Walldorf, Gammertingen 1990
2. Bestandsgeschichte
Auf der Grundlage eines Kirchengemeinderatsbeschlusses wurde das Archiv der Kirchengemeinde Gammertingen zur Verwahrung und Verwaltung im August 2022 an das Landeskirchliche Archiv Stuttgart abgegeben. Das Archiv der Kirchengemeinde Gammertingen besteht aus der pfarramtlichen Überlieferung und einer Sammlung des Fotografen und Heimatforschers Botho Walldorf. Botho Walldorf hat sich sehr für das historische Erbe der Kirchengemeinde Gammertingen eingesetzt. Er hat zahlreiche historische Dokumente für die Kirchengemeinde gesichert und bis in die Gegenwart hinein gesammelt sowie zahlreiche Beiträge zur Ortsgeschichte verfasst. Das Archiv erstreckt sich über 1,5 laufende Meter und umfasst 45 Bestellnummern mit einer Laufzeit von 1891 bis 1967, 1986. Die pfarramtliche Überlieferung wurde von Frau Birgitta Häberer, Diplom-Archivarin, erschlossen und mit der Archivsoftware ActaPro erfasst.
Im Bestand G 498 Evangelisches Pfarramt Gammertingen befindet sich auch die Überlieferung der privaten Konfessionsschule auf der Haid. In den Beständen A 29, A 129 sowie F 39 DA Reutlingen gibt es noch weitere Archivalien zur Kirchengemeinde Gammertingen. Die Archivalien können im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart zur Einsichtnahme vorgelegt werden.
In den Beständen A 29, A 129 sowie F 39 DA Reutlingen gibt es noch weitere Archivalien zur Kirchengemeinde Gammertingen.
Dr. Bertram Fink, im November 2022 |