===== Orts- und Ortskirchengeschichte =====
Holzelfingen und Ohnastetten sind zwei kleine Dörfer auf der Schwäbischen Alb, die nur vier Kilometer voneinander entfernt liegen. Doch trotz dieser geringen Entfernung durchliefen beide Orte - sowohl im kirchlichen als auch im weltlichen Bereich - eine unterschiedliche geschichtliche Entwicklung.
Holzelfingen ist erstmals um 1220 als "Holteluingen" chronikalisch belegt. Der Ritter Hugo und sein Bruder Beringer, Mitglieder eines Adelsgeschlechts, benannten sich nach dem Ort. Im Jahr 1355 wurde Holzelfingen von Ritter Swigger von Greifenstein, ein Nachfahre von Hugo und Beringer, als Zubehör der Burg Achalm an Württemberg verkauft. Zunächst gehörte es zum Uracher Amt, kam aber ab 1699 zum Amt Pfullingen und schließlich ab 1806 zum Oberamt Reutlingen. Heute ist Holzelfingen Ortsteil der Gemeinde Lichtenstein, welche zum Kreis Reutlingen gehört. Ohnastetten hingegen wird bereits in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts erwähnt. Bevor es 1265 als Teil des Gächinger Kirchspiels württembergisch wurde, lag es vermutlich im Herrschaftsbereich der Grafen von Urach. Ab dem 15. Jahrhundert gehörte es zum Oberamt Urach, von wo es 1938 in den Kreis Reutlingen überging. Ohnastetten ist heute Ortsteil der Gemeinde St. Johann.
Die erste Pfarrkirche in Holzelfingen, die dem Heiligen Blasius geweiht war, ist 1275 dokumentiert. Das Patronat wurde zunächst von den Grafen von Landau ausgeübt, bevor man es 1404 an die Reutlinger Familie Spiegel verkaufte. Die Kartause Güterstein erwarb es 15 Jahre später und behielt es bis zur Reformation, die in Württemberg 1534 unter Herzog Ulrich eingeführt wurde. Mittlerweile gehört die Kirchengemeinde Holzelfingen zum Kirchenbezirk Reutlingen und umfasst etwa 820 Gemeindemitglieder. Die St.-Blasius-Kirche wurde 1494 als Wehrkirche mit Chor errichtet. Nachdem 1889 bereits das Kirchenschiff erneuert wurde, erfolgte 1909 ein kompletter Umbau der Kirche mit einer Vergrößerung der Räumlichkeiten. Die Kirchenzugehörigkeit von Ohnastetten im Mittelalter ist ungeklärt. Es ist jedoch bekannt, dass Ohnastetten zunächst Filial der Pfarrei Offenhausen war, bevor es wohl um 1460 zur Pfarrkirche mit der Pfarrei St. Mauritus erhoben wurde. Diese war jedoch bis zur Reformation dem Kloster Offenhausen inkorporiert. 1547 kam Ohnastetten zum Dekanat Urach, danach gehörte es zum Dekanat Münsingen. Im Jahr 1939 wurde die Kirchengemeinde in den Kirchenbezirk Reutlingen umgegliedert. Bereits 1934 war die Pfarrei zur ständigen Pfarrverweserei umgewandelt worden und wurde seitdem schon zum Teil von Pfarrern aus Holzelfingen versehen. Schließlich fiel 1964 beim Oberkirchenrat die Entscheidung Ohnastetten dauerhaft durch das Pfarramt in Holzelfingen betreuen zu lassen. Heute umfasst die Kirchengemeinde etwa 280 Mitglieder. Die Kirche wurde 1763 errichtet.
===== Bestandsgeschichte =====
Das Pfarrarchiv Holzelfingen-Ohnastetten wurde im Oktober 2001 auf Beschluss der Kirchengemeinderäte von Holzelfingen und Ohnastetten an das Landeskirchliche Archiv Stuttgart zur dauerhaften Verwahrung abgegeben. Eine Ausnahme bildeten jedoch die Kirchenbücher (Bestellsignatur Nr. 1 - Nr. 29), welche im Pfarramt belassen wurden. Es besteht aber die Möglichkeit, die Kirchenbücher im Landeskirchlichen Archiv auf Mikrofilm einzusehen. Das übernommene Archivgut umfasste knapp zehn laufende Meter und enthielt die Überlieferung bis 1966.
Die ältesten Archivalien des Pfarrarchivs stammen aus dem 16./17. Jahrhundert, wobei der Schwerpunkt der Überlieferung aber auf dem 19./20. Jahrhundert liegt. Neben einer Vielzahl an Akten aus der Neueren Abteilung umfasst der Bestand unter anderem auch Kirchenkonventsprotokolle, Reskriptenbücher, Liederbücher und Amtskalender. Darüber hinaus ist die Wirtschaftsführung der beiden Kirchengemeinden ausführlich belegt. Als Besonderheit gilt für Ohnastetten die Stiftung einer Pfarrbibliothek durch Franziska von Hohenheim im Jahr 1786. Da die Pfarrei wenig Geld besaß, schenkte ihr Franziska einige Bücher. Die Bücherei, welche heute etwa 380 Bände umfasst, wurde 2001 durch die Landeskirchliche Zentralbibliothek restauriert und erschlossen. Anschließend wurde sie wieder nach Ohnastetten verbracht. Für Holzelfingen ist als ein wichtiges Ereignis die Renovation der St.-Blasius-Kirche im Jahr 1909 zu nennen. Die Bau- und Renovierungsmaßnahmen wurden anhand von Bauplänen, Schriftverkehr und Rechnungen umfassend dokumentiert.
Nach Abschluss der Verzeichnung des Pfarrarchivs von Holzelfingen-Ohnastetten erfolgte die ordnungsgemäßge Verpackung und Unterbringung im Magazin. Der Bestand umfasst nun ca. acht laufende Meter mit 474 Verzeichnungseinheiten.
===== Bestandsbearbeitung =====
Im Rahmen der Abschlussarbeit für die Ausbildung zum gehobenen Archivdienst beim Land Baden-Württemberg wurde der Bestand von Juli bis August 2010 von Dennis Grages auf Grundlage der Ordnungs- und Verzeichnungsrichtlinien des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart erschlossen. Hierbei wurde das Verzeichnungsprogramm Faust 6 Professional verwendet. Der Bestand war bereits bei der Übernahme durch den zuständigen Sprengelarchivar vorgeordnet worden. Dies sollte die spätere Verzeichnung erleichtern, da kein vorläufiges Archivinventar oder eine Abgabeliste vorhanden war. Bei der Vorordnung wurden die Archivalien nicht nur nach der Provenienz (Holzelfingen oder Ohnastetten) getrennt, sondern auch zeitlich in eine Aktenschicht vor 1901 (Ältere Abteilung) und nach 1901 (Neuere Abteilung) unterteilt. Zudem existierte für die Neuere Abteilung eine Registraturordnung (Registraturordnung für die Pfarrämter von 1901). Auf dieser Grundlage erfolgte die Klassifikation und Ordnung des Bestandes. Bei der Erschließung wurden Fotos und ein Plakat gesondert verzeichnet und separat gelagert. Die Druckschriften, die im Bestand anzutreffen waren, wurden bis auf wenige Ausnahmen entnommen und der Landeskirchlichen Zentralbibliothek Stuttgart übergeben.
===== Weitere archivische Quellen =====
Landeskirchliches Archiv Stuttgart: - A 29 Ortsakten des Oberkirchenrats: Nr. 2129 - Nr. 2132, Nr. 3465 - Nr. 3468 - A 129 Ortsakten des Oberkirchenrats: Nr. 2119, Nr. 2442 - Dekanatsarchiv Reutlingen
Hauptstaatsarchiv Stuttgart: - A 281 Kirchenvisitationsakten der Superintendenz Pfullingen
Anderen Archiven: - Staatsarchiv Ludwigsburg - Staatsarchiv Sigmaringen - Kreisarchiv Reutlingen - Gemeindearchiv Lichtenstein - Gemeindearchiv St. Johann |
Christian Sigel, Das evangelische Württemberg. Seine Kirchenstellen und Geistlichen von der Reformation an bis auf die Gegenwart, o.O. u. J. Kirchengemeinde Holzelfingen (Hrsg.), 100 Jahre Neubau der St.-Blasius-Kirche in Holzelfingen (1909-2009), Holzelfingen 2009 Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.), Der Landkreis Reutlingen. Kreisbeschreibungen des Landes Baden-Württemberg, Sigmaringen 1997 Landesarchivdirektion Baden-Württemberg (Hrsg.), Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, Stuttgart 1978 |