===== Ortsgeschichte =====
An der Grenze zwischen Ulmer Flächenalb und Langenauer Hochterrasse des Donaurieds entstand der Ort Langenau aus drei alemannischen Siedlungen entlang der alten Römerstraße zwischen Augsburg und Mainz. Oberdorf, Mitteldorf (beide auch Westheim genannt) und Unterdorf (Ostheim) wurden noch im 16. Jahrhundert voneinander unterschieden. Die älteste schriftliche Überlieferung („Nâvua) stammt aus dem Jahr 1003 [1]. Unter der Martinskirche fanden sich Überreste einer römischen Kultstätte, Reihengräberfriedhöfe belegen die Existenz der Siedlung bereits in der Merowingerzeit. Auch das Patrozinium Martin der Hauptkirche [2] weist auf eine frühe Christianisierung hin. Langenau ist ein alter Ort und war schon im Mittelalter ein zentraler und großer Ort. Dies wird durch die Existenz einer Burg [3] belegt, die mit der Martinskirche und dem anhausischen Pfleghof, der wohl mit dem 1003 als „curtis bezeichnete Herrenhof identisch ist, den ältesten Kern des Ortes bildet. Auch das Vorhandensein von drei Kirchen und die Gründung eines Klosters ist ein Indiz der Zentralität und Größe. Um 1095 wurde von den damaligen Herren, den schwäbischen Pfalzgrafen, hier ein Kloster gegründet, das jedoch 1125 bereits nach Anhausen verlegt wurde. Nau war zu dieser Zeit wohl schon ein belebter Ort - zu belebt für die Benediktiner. Zurück blieb der Pfleg- bzw. Mönchshof, von dem aus Besitz und Rechte des Klosters in Langenau verwaltet wurden. Herrschaftsrechte wurden von verschiedenen weltlichen und geistlichen Herren ausgeübt: So zum Beispiel die Pfalzgrafen von Schwaben, das Hochstift Augsburg, das Kloster Anhausen, die Grafen von Dillingen und die Grafen von Werdenberg. 1301 wurden der villa Nau die Rechte und Freiheiten der Stadt Ulm verliehen, 1376 folgte das Stadtprivileg durch Kaiser Karl IV. Allerdings konnte dieses Privileg nicht mehr zur Geltung kommen, da Langenau ein Jahr später durch die hoch verschuldeten Werdenberger an die Reichsstadt Ulm verkauft wurde. Bis zum Ende des Alten Reiches blieb Langenau Ulmisch. Eine Sonderstellung nahm dabei der anhausische Mönchs- oder Freihof ein, in dem seit der Mitte des 15. Jahrhunderts der württembergische Pfleger die Rechte des Klosters Anhausen wahrnahm und über seine Hintersassen auch die niedere Gerichtsbarkeit ausübte. 1536 mußte Württemberg diese Rechte mitsamt dem Pfleghof an Ulm verpfänden. Erst 1744 gelang es dem Herzogtum, die Pfandschaft wieder einzulösen. Allerdings löste sich in den folgenden Jahrzehnten das Alte Reich und somit auch die Ulmer Herrschaft ohnehin auf. 1802 fielen Ulm und sein Territorium an Bayern und wurde 1810 dem Königreich Württemberg zugeschlagen. Zunächst unterstand Langenau dem Oberamt Albeck, nach dessen Auflösung 1819 dem Oberamt Ulm (später Alb-Donau-Kreis).
===== Ortskirchengeschichte =====
St. Martin, die Hauptkirche Langenaus, ist wohl fränkischen Ursprungs. Bereits im 7. Jahrhundert bestand eine mit Steinen aufgeführte Kirche, die auf den Resten einer römischen Kultstätte erbaut wurde. Es folgten mindestens drei weitere Nachfolgebauten, bevor im 14. Jahrhundert St. Martin neu erbaut wurde. 1400 wurden Schiff, 1441 Chor und 1490 der Turm fertiggestellt. Durch die 1668/69 ausgeführte Barockisierung erhielt die Kirche im Wesentlichen ihre heutige Prägung. Die Urpfarrei umfasste einen großen Sprengel, der Öllingen, Rammingen, Göttingen und vermutlich auch Hörvelsingen und Bernstadt einschloss. Nach der Loslösung dieser Orte war der Pfarrbezirk von St. Martin immer noch beachtlich. Neben der eigenen großen Markung gehören noch Wettingen und Stuppelau dazu. Der Größe des Sprengels entsprach die Anzahl der Geistlichen. Vor der Reformation amtierten ein Pfarrer, ein Prediger und ein Frühmesser in St. Martin sowie ein Kaplan zu St. Leonhard. 1531 wurde im Auftrag der Ulmer Herrschaft in Langenau die Reformation durch Oekolampad eingeleitet. Pfarrer Neidlinger, sein Helfer und der Prädikant nahmen die neue Lehre an, der Frühmesser wollte beim alten Glauben bleiben und mußte gehen. St. Peter (Ersterwähnung 1336) war die zweite/untere Kirche für das Unterdorf und dürfte ebenfalls fränkischen Ursprungs sein. St. Leonhard (Ersterwähnung 1440) war die „mittlere Kirche. 1539 wurde eine Helferstelle (Diakonat) für St. Leonhard geschaffen (Oberhelfer), die Leonhardskirche allerdings erst 1612 zur Predigtkirche für das Unterdorf bestimmt. Die Amtshandlungen wurden jedoch weiterhin in der Hauptkirche vollzogen. 1700 wurde eine weitere Helferstelle für das Unterdorf eingerichtet (Unterhelfer). In St. Peter wurde allerdings nur ein vierteljährlicher Gottesdienst gehalten. Nachdem der Friedhof 1811 ganz ins Unterdorf verlegt wurde, diente die Peterskirche als Friedhofskirche. Nach 1811 wurde auch das Diakonat aufgehoben. Heute amtieren in Langenau wieder drei Geistliche. Bei der Martinskirche liegt das geschäftsführende Pfarramt I. St. Leonhard versorgt als Pfarramt II auch Wettingen. Dazu wird eine Vikariatsstelle besetzt. Das stattliche Pfarrhaus neben der Martinskirche wurde um 1700 erbaut und war zunächst Wohnort des Diakons. Später wurde es zum ersten Pfarrhaus umfunktioniert. Kirchlich gehört Langenau zum Dekanat Ulm.
===== Bestandsbeschreibung =====
Die Archivbestände der beiden Pfarrämter Langenaus wurden 1967 geordnet und verzeichnet. Das Archiv richtete man in der Martinskirche in der Oberen Sakristei ein. Die Bestände des zweiten Pfarramts befanden sich im dortigen Pfarrhaus in der Helfergasse. Die Unterbringung in der Oberen Sakristei war zwar akzeptabel, für den wertvollen Archivbestand jedoch nicht optimal. Deshalb beschloß der Kirchengemeinderat Langenau auf Vorschlag des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart im Januar 1999 die Abgabe an das Landeskirchliche Sprengelarchiv Ulm. Die Bestände wurden schließlich 2000 eingeholt [und befinden sich heute im des Landeskirchlichen Archiv Stuttgart]. Von der Abgabe ausgeschlossen waren die Kirchenbücher und jüngere Protokolle des Kirchengemeinderats, die weiterhin im Pfarramt I verwahrt werden. Um das Archiv benutzbar zu machen wurde es sofort neu verzeichnet und verpackt. Dem Umfang des Bestandes entspricht der Umfang des Archiv-Inventars. Mit knapp 860 Einzelnummern werden die ca. 18 lfd. m Akten (einschließlich der Kirchenbücher) erfasst. [Das Archiv des Pfarramts II wurde im März 2001 eingeholt und neu verzeichnet (siehe Langenau 2. Pfarramt)] Das Archiv befand sich in einem verhältnismäßig guten Erhaltungszustand, wobei die üblichen Schäden durch Feuchtigkeit (Faserzerfall durch Einwirkung von Schimmelpilzen), Insekten- und Mäusefraß an den älteren Rechnungsakten vorgefunden wurden. Die durch Pilzbefall betroffenen Akten wurden zwischenzeitlich behandelt, so daß der Papierzerfall gestoppt wurde und die Akten unbedenklich benutzt werden können. Die alten Inventarnummern 8 und 10 sowie der 6. Band der Totenregister (Duplikate der Ehe- und Totenregister) wurden dem Bestand E 1 des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart (Duplikatkirchenbücher) zugeordnet. Wenn Besonderheiten aufgezählt werden sollen, so ist dies im Falle von Langenau praktisch der gesamte ältere Archivbestand. Besonders die Reihe der Rechnungsakten sticht hervor. Mit nur wenigen Lücken ist hier eine Serienquelle von der Mitte des 17. Jahrhunderts (1645) bis heute vorhanden [4]. Auch die Reihe der Kirchenbücher ist hervorzuheben. Für das Ulmer Herrschaftsgebiet sehr früh setzen die Tauf- und Eheregister bereits 1555 ein. Denn erst 1557/58 wurde für das Ulmer Land die Führung von Tauf- und Ehebüchern verbindlich vorgeschrieben [5]. Langenau hat die ältesten Kirchenbücher im ehemaligen Ulmer Herrschaftsgebiet. [Die Akten sind in drei Abteilungen geordnet: 1 Ulmische und bayerische Zeit, Übergang an Württemberg 2 Akten des 19. Jahrhunderts 3 Akten des 20. Jahrhunderts Die zweite Abteilung ist nach dem Registraturplan des Stadtpfarrers Rau von 1899 geordnet, die dritte Abteilung nach dem Registraturplan von 1901, siehe hierzu auch das Feld „Aktenzeichen.] Leider ist der Aktenbestand des 20. Jahrhunderts nicht sehr ergiebig. Besonders im Bereich des kirchlichen Bauwesens und des Besoldungswesens scheinen Lücken vorhanden zu sein. Auch die Akten der Kirchenpflege nach 1895 wurden großzügigst auskassiert. Dies ist besonders schade, da es sich im Falle von Langenau sicher gelohnt hätte, alle Rechnungsunterlagen als Musterbeispiel aufzubewahren. Zum Zeitpunkt der Einholung des Archivs waren die Rechnungen der Jahre 1945-1952 nicht vorhanden.
Ulm, im September 2000 Dorothea Reuter
[1] Die Bezeichnung „Langenau für alle drei Siedlungskerne erscheint erstmals in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. [2] Im Spätmittelalter wurde noch das Patrozinium Unserer Lieben Frau übernommen. [3] Von dieser Burg sind heute nur noch überbaute Fundamentreste vorhanden. Errichtet wurde sie spätestens im 14. Jahrhundert. [4] Ab 1967 befinden sich die Kirchenpflegrechnungen im Pfarramt. [5] In Ulm selbst wurden die Kirchenbücher ab 1560 geführt. |