===== Bestandsgeschichte =====
Aufgrund des Vorstandsbeschlusses der Evangelischen Sammlung vom 12. April 2012 wurden die Akten von 1968 bis vermutlich 1993 dem Landeskirchlichen Archiv in Stuttgart geschenkt. 2020 geschah eine erste Bearbeitung der Archivalien durch Sophia Ziegler. Nach der Auflösung des Vereins am 30. Juni 2021 kamen weitere Akten hinzu. 2024 wurden sie durch Lorenz Walch erschlossen und in diesem Zuge wurde der gesamte Bestand überarbeitet. Die in dem Bestand befindlichen Exemplare der Rundbriefe und "Informationen" wurden entnommen, da diese bereits vollständig in der Evangelischen Hochschul- und Zentralbibliothek Württemberg vorhanden sind. Der Bestand besteht nun aus 24 Akten, insgesamt 0,71 laufenden Metern mit einer Laufzeit von 1968-2021. Er ist im Lesesaal des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart einsehbar (unter Berücksichtigung der Sperrfristen).
===== Geschichte der Evangelischen Sammlung in Württemberg =====
Die Gründung der Evangelischen Sammlung war bedingt durch die theologischen und kirchlichen Veränderungen im Zuge der 68er-Bewegung. Zentrale Gründungsgestalt war der Esslinger Dekan Kurt Hennig (Vorsitzender 1970), der bereits Ende 1968 mit weiteren Mitstreitern wie dem Degerlocher Dekan Hans Wagner (Vorsitzender 1971-1973) ein Treffen organisierte, um Gleichgesinnte zu sammeln und das weitere Vorgehen zu planen. Man nahm Anstoß an der Politisierung der Kirche, dem Herauslösen der Verkündigung aus der Diakonie und der Infragestellung der Zuverlässigkeit und Autorität der Bibel. Die Evangelische Sammlung wurde daraufhin am 6. Januar 1969 von Pfarrern aus dem Stuttgarter Raum gegründet, wobei der Name "Evangelische Sammlung in Württemberg" erst auf der Versammlung am 1. Mai desselben Jahres beschlossen wurde. Eine Erklärung wurde verabschiedet, die "in der Verworrenheit der gegenwärtigen Lage" der Kirche "einige unabdingbare Grundlinien" markieren wollte. Sie wurde noch 1969 von hunderten Personen unterschrieben, darunter über 400 Theologen der Württembergischen Landeskirche, u.a. auch Altbischof Martin Haug und Schriftsteller Albrecht Goes. Die Evangelische Sammlung wurde in den folgenden Jahren zu einem prägenden Faktor der württembergischen Kirchenpolitik. So waren die beiden Landesbischöfe Hans von Keler (1979-1988) und Theo Sorg (1988-1994) vor ihrem Bischofsamt zeitweise Vorstandsmitglieder der Evangelischen Sammlung.
Im Gegensatz zur bereits bestehenden Ludwig-Hofacker-Vereinigung (LHV), die ebenfalls theologisch konservative Positionen vertrat, wollte die Evangelische Sammlung auch für Personen ohne pietistische Prägung offen sein und setzte sich für eine Stärkung des lutherischen Profils der Landeskirche ein (vor allem unter Dekan Werner Zeeb als Vorsitzenden). Man kooperierte jedoch häufig mit der LHV, z.B. bei den Synodalwahlen und formte ab 1971 gemeinsam den Gesprächskreis "Lebendige Gemeinde". Dabei wurden aber auch, besonders in der Anfangszeit, vereinzelt Kandidaten der "Bekenntnisgemeinschaft" (später umbenannt in "Evangelium und Kirche") unterstützt. Ebenso zusammen mit der LHV, nahmen führende Personen aus der Sammlung 1969 die Gründung eines theologischen Studienhauses in Angriff, woraus sich das Albrecht-Bengel-Haus entwickelte. Im Gegensatz zur meist unumstrittenen Zusammenarbeit mit der LHV, war das Verhältnis zur Bekenntnisbewegung "Kein anderes Evangelium" und zu der von ihr dominierten "Konferenz bekennender Gemeinschaften" Gegenstand heftiger Kontroversen, u.a. zwischen Kurt Hennig und Peter Beyerhaus.
Mit den "Informationen" (1969-1993) und den Rundbriefen (1979-2020) hielt man Kontakt zu Unterzeichnern der Erklärung. Auch die i.d.R. jährlich durchgeführten Landesversammlungen dienten der "Mitglieder"-Pflege und der theologischen Orientierung durch meist ein Hauptreferat. 1981 wurde ein gleichnamiger Verein gegründet, um Spendenbescheinigungen ausstellen zu können.
Einschneidend für die Arbeit der Evangelische Sammlung war das Jahr 1986. Dekan Kurt Hennig verabschiedete sich aus Altersgründen endgültig aus der Arbeit der Sammlung, nachdem er bis dahin noch lange die Fäden im Hintergrund gezogen hatte. Nur wenige Tage später erklärte überraschend Dekan Werner Zeeb seinen Rücktritt vom Vorsitz, den er seit 1973 innehatte. Grund dafür war auch die aufreibende Auseinandersetzung um "Brot für die Welt", ausgelöst durch einen Artikel von Vikar Wilfried Veeser ("Brot für die Welt - quo vadis?"). Gerhard Greiner, Dekan in Backnang übernahm den Vorsitz erst übergangsweise, dann doch für längere Zeit bis 2002. Auf ihn folgte Pfarrer Werner Schmückle (seit 2017 promoviert), der das Amt bis zur Auflösung der Evangelischen Sammlung 2021 innehatte.
Gründe für die Auflösung waren der immer kleiner werdende finanzielle Spielraum, die Tatsache, dass kein Vorstandsmitglied mehr in der Landessynode vertreten war sowie die teilweise unklar gewordene Ziel- und Aufgabenbestimmung der Evangelischen Sammlung. Die LHV, die sich 2011 in "Lebendige Gemeinde. ChristusBewegung" umbenannt hat, übernahm die Kontoführung für das ursprünglich zur Evangelischen Sammlung gehörige "Forum missionarischer Frauen" und macht auf ihrer Internetseite Rundbriefe und Texte der Sammlung zugänglich.
===== Quellen und Literatur =====
- Rundbriefe der Evangelischen Sammlung, Nürtingen / Renningen 1979-2020. - Informationen der Evangelischen Sammlung, Nürtingen 1979-1993.
Lorenz Walch, September 2024. |