========== Vorwort ==========
Dieses endgültige Repertorium des Bestands LKA Stuttgart A 29, Ortsakten, wurde nach dem Umzug des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart in die neuen Räume im Dienstgebäude des Evangelischen Oberkirchenrats Stuttgart in den Jahren ab 1957 von der damaligen Mitarbeiterin im Landeskirchlichen Archiv, Frau Hildegard Sigel, Ludwigsburg-Hoheneck, erarbeitet. Die Reinschrift des Repertoriums konnte im Frühjahr 1972 zu Ende geführt werden.
Schon die Registratur des Herzoglichen Konsistoriums in Stuttgart war in Generalia und Localia unterteilt. Diese Gliederung wurde auch bei allen Ordnungsarbeiten in der Registratur im 19. Jahrhundert beibehalten. Diese alten Ortsakten bilden den Grundstock des jetzigen Archivbestands A 29.
Vor der Ordnung der Akten durch das Landeskirchliche Archiv wurden jedoch alle Bunde der noch in der Registratur des Evang. Oberkirchenrats Stuttgart befindlichen laufenden Ortsakten durchgesehen; diejenigen Stücke, die vor dem 1.1.1924 lagen, wurden dabei an das Archiv zum Bestand A 29 ausgeschieden; lediglich die Akten über die Pfarrhäuser verblieben, auch soweit sie vor 1924 angefallen waren, im Zusammenhang der laufenden Registratur. Mit dieser Ausnahme umfasst der Bestand A 29 damit alle beim Konsistorium in Stuttgart von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1923 angefallenen Ortsakten über evangelische Pfarreien des Herzogtums und des Königreichs Württemberg. Im Allgemeinen enthalten nur die Bunde über Besetzung und Besoldung der Pfarrstellen Material, das vor dem Dreißigjährigen Krieg einsetzt und bis ins 20.Jahrhundert reicht; das Material der übrigen Begriffe ist oft lückenhaft.
Schon vor der Repertorisierung des Bestands A 29 wurden von der Registratur des Oberkirchenrats nach dem Ende des landesherrlichen Kirchenregiments Einkommensbeschreibungen und Einkommensberechnungen evang. Pfarrstellen, die bei den Kameral- und Staatsrentämtern angefallen waren, in die Ortsakten aufgenommen. Da diese Akten die beim Konsistorium erwachsenen organisch ergänzen, wurden sie zusammen mit den Konsistorialakten verzeichnet; die ursprüngliche Provenienz ist jeweils vermerkt. Außerdem wurden in die Ortsakten des Konsistoriums noch im 19. Jahrhundert Akten neuwürttembergischer evangelischer Pfarreien aufgenommen, die von hohenlohischen Konsistorien und anderen Stellen nach Stuttgart übergeben worden waren; auch hier ist die ursprüngliche Provenienz vermerkt. Im Allgemeinen bietet der Bestand A 29 einen Überblick über die evangelischen Pfarreien des Herzogtums und des Königreichs Württemberg für die Zeit, in der diese Pfarreien württembergisch waren; er betrifft auch Pfarreien, die zu Anfang des 19.Jahrhunderts von Württemberg abgetreten wurden. Infolge der erwähnten Aktenabgabe sind jedoch für einige neuwürttembergische Pfarreien auch Akten über die vorwürttembergische Zeit vorhanden.
Schließlich wurde bei der Repertorisierung des Bestands A 29 vom Landeskirchlichen Archiv der von Pfarrer Gustav Bossert d.Ä. um 1890 geschaffene Sonderbestand "Reformationsakten" wieder mit den Ortsakten vereinigt; diese Akten waren seinerzeit von Pfarrer Bossert aus den Ortsakten der Konsistorialregistratur selektiert worden. Die alten, von Bossert gewählten Signaturen sind auf den in die Ortsakten zurückgelegten Stücke festgehalten; in dem von Bossert erstellten Register sind die neuen endgültigen Archivsignaturen vermerkt.
In der Registratur des Konsistoriums wurde erst im Jahr 1846 für die Personalakten eine eigene Abteilung geschaffen. In der Zeit bis 1846 wurden deshalb Akten über einzelne Pfarrer innerhalb der Ortsakten bei den Besetzungsakten abgelegt, so dass diese Besetzungsbunde auch für Nachforschungen über Pfarrer der württembergischen Landeskirche herangezogen werden müssen.
Die Pfarrberichte der Ortsakten beginnen normalerweise in der Mitte des 19. Jahrhunderts; sie setzen damit die im Bestand LKA Stuttgart A 1 (Synodusprotokolle) zusammengefassten Auszüge aus den früheren Visitationsberichten fort, die bis zum Jahr 1822 reichen. Es konnte nicht geklärt werden, wo diese Visitationsakten aus der Zeit von 1823 bis ca. 1845/1850 abgelegt und verblieben sind.
Die hier repertorisierten Ortsakten werden durch Stücke des Bestands LKA Stuttgart A 26, Allgemeine Kirchenakten, ergänzt. Aus den Allgemeinen Kirchenakten wurde viel Material kassiert; sie umfassen heute im älteren Teil hauptsächlich Präzedenzfälle, die als solche oft von einem örtlichen Ereignis ausgehen. Weiterhin sind die Akten über die württembergischen Prälaturen und Abteien bei den Allgemeinen Kirchenakten abgelegt. Das Ortsregister des Bestands A 26 muss deshalb auch bei ortsgeschichtlichen Forschungen stets zu Rate gezogen werden.
Der Bestand A 29 enthält keine neuen Akten über die Schulen; diese wurden nach dem Ende der Geistlichen Schulaufsicht etwa im Jahr 1910 an das Württembergische Kultministerium abgegeben und sind dort während des Zweiten Weltkriegs verbrannt. Da die Kirchengebäude nie in der baulichen Unterhaltung des Konsistoriums standen, sondern immer von örtlichen Stellen (Heiligenpflege, Stiftspflege) verwaltet wurden, enthält der Bestand A 29 kaum Material zur Geschichte unserer Kirchengebäude.
In den Jahren zwischen 1952 und 1956 wurden die damals beim Landeskirchlichen Archiv befindlichen Ortsakten vorläufig geordnet und verzeichnet. An den Anfang von jedem Ort wurden dabei als Bund I die alten Besetzungsakten von Pfarrei und Schule gestellt; als Bund II folgten die Besoldungsakten der Pfarrstellen. Waren an einem Ort mehrere Pfarrstellen vorhanden, so wurden die Besetzungsbunde als Bund Iff. bezeichnet, dann folgten mit der nächsten römischen Ziffer die Besoldungsakten sämtlicher Pfarrstellen. Wo es irgend möglich war, wurde die vor 1957 entworfene Gliederung der Akten der einzelnen Pfarreien beibehalten. Die vorläufigen Signaturen (Bd. Iff.) sind bei einigen Arbeiten verwendet, die auf die damaligen Ortsakten des Landeskirchlichen Archivs zurückgehen. Die vorläufigen Signaturen sind in dem vorliegenden endgültigen Repertorium nicht vermerkt, da sie ohne Schwierigkeiten verifiziert werden können.
An die älteren Besetzungs- und Besoldungsakten wurden dann bei der Repertorisierung die Akten über verschiedene Betreffe (z.B. Vikare u. Filialien) angeschlossen, dann folgen die Akten über die Kirchengemeinden und die neuen Akten über Besoldung und Besetzung der Pfarrstelle. Am Schluss sind die Pfarrberichte und Pfarrbeschreibungen eingeordnet.
Der gesamte Bestand A 29 umfasst 5427 Bunde. Er ist mit 264 lfd. Metern in Reihe 10-14 im Magazin des Landeskirchlichen Archivs untergebracht. Teil I des Repertoriums enthält, eingeteilt in 2 Bunde, das Verzeichnis der Akten, Teil II die Register zum Verzeichnis. Zur alten Gliederung der Registratur des Herzoglichen Konsistoriums ist im Vorwort des Bestands A 26, Allgemeine Kirchenakten, das Wichtigste festgehalten.
Stuttgart, den 20. April 1972
========== Vorwort zu den Pfarrbeschreibungen und Pfarrberichten ==========
Die Pfarrbeschreibungen von 1827/28 und 1905 sowie und die Pfarrberichte der Jahre 1827 bis ca. 1923 sind die "Highlights" der im Bestand A 29 zusammengefassten historischen Ortsakten des Landeskirchlichen Archivs - von Stadt und Amt Stuttgart sind außerdem Visitationsberichte aus den Jahren 1783 bis 1789 überliefert.
Die Pfarrbeschreibungen der Jahre 1827/28 und 1905 sind Quellen von herausragend hohem Informationsgehalt zur örtlichen Kirchen- und Religionsgeschichte, des Einkommens der Pfarrei, den kirchlichen Vermögensverhältnissen, dem kirchlichen Vereinswesen und dem Zustand der kirchlichen Liegenschaften. Zusammen mit den sog. Pfarrberichten, einer seriellen Quellengattung in Nachfolge der früheren Visitationsberichte, die im zeitlichen Abschnitt von 3 bis max. 5 Jahren verfasst wurden, sind sie eine unersetzliche und einzigartige Quelle zur Erforschung der örtlichen Lebenswelten des 19. Jahrhunderts. Sie sind daher keineswegs nur für Forschungen im engeren Gebiet der Kirchen- und Schulgeschichte unmittelbar einschlägig, sondern auch für Fragestellungen aus dem Gebiet der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der politischen Geschichte oder der neueren Kulturgeschichte. Der Umbruch der vorwiegend agrarisch strukturierten Gesellschaft Württembergs zur modernen Industriegesellschaft spiegelt sich in ihnen ebenso wie politische Umbrüche (z.B. die Gründung des Kaiserreichs 1870/71 oder der Untergang der monarchischen Ordnung Europas 1918) oder politischen Mentalitäten, keineswegs nur innerhalb der württembergischen Pfarrerschafts, sondern auch im Ordnungsgefüge der württembergischen Dörfer und Städte. Der Wandel religiösen Wissens, um ein Beispiel aus dem kulturgeschichtlichen Bereich anzuführen, lässt sich in ihnen konzise erfassen, vom Funktions- und Bedeutungswandel verschiedensten religiösen Denominationen über Situationen konfessionellen Konflikts vor Ort bis zum Aufkommen neuer pastoraler Konzepte. Die Pfarrberichte „leben dabei von seriellem Charakter der Quellengattung, der es erlaubt, Transformationsprozesse über einen längeren Zeitraum deutlich konturiert zu erfassen, wie von der teils sehr individuellen Handschrift einzelner Geistlicher, die - aus welchen Gründen auch immer - immer wieder sehr aussagekräftige Texte (freilich immer in subjektiver Brechung) verfassten, die weit mehr bieten als bürokratischen Routinehandlungen geschuldete Berichte. Kurz: der Wert dieser Quellengattung ist als außerordentlich hoch einzuschätzen und demzufolge häufig wird mit ihr gearbeitet - von der akademischen Spitzenforschung bis zu Lokalstudien, die dem Engagement historisch Interessierter oder örtlicher Geschichtsverein geschuldet sind.
Aufgrund ihres angedeuteten hohen Quellenwertes wurden Pfarrbeschreibungen und Pfarrberichte in die Sicherungsverfilmung von Archivalien mit besonderer Aussagekraft über die Kultur und die Geschichte des deutschen Volkes einbezogen und bereits 1993/94 sicherungsverfilmt. 2021 wurden von den Aufnahmen auf den entsprechenden Mikrofilmen Digitalisate (Bilddateien) erstellt. 1993/94 nicht sicherungsverfilmte Pfarrbeschreibungen und Pfarrberichte wurden 2021 gescannt. Nun liegen alle Pfarrbeschreibungen und Pfarrberichte aus dem Bestand A 29 digital vor und können über das Internet benutzt werden. Bei der Benutzung dieser Digitalisate müssen jedoch ein paar Eigenheiten der Verfilmung bzw. der Verzeichnung beachtet werden. Genaueres ist der Anleitung am Anfang der Klassifikation zu entnehmen.
Uwe Heizmann, Norbert Haag
Stuttgart, den 28. Oktober 2021
===== Ergänzung 2023 ===== Für Immendingen, das zum 1. Januar 1977 von der badischen zur württembergische Landeskirche wechselte, sind die Visitationsberichte mit Pfarrberichten ab 1889 in A 129 überliefert.
Uwe Heizmann,
Stuttgart, den 2. Februar 2023 |