Zum Inhalt
Das Hauptstück des gemischten Bestandes bilden die Briefe von Pfarrer Johann Ludwig Nagel (1752 - 1806) aus Esslingen an seinen Sohn Andreas Ludwig Friedrich Nagel (1777 - 1859) in Maulbronn, Tübingen bzw. in Vaihingen auf den Fildern. Diese Briefe wanderten zusammen mit dem übrigen Material Mitte des 19. Jahrhunderts nach England, wo der Urenkel des Verfassers, Albert Carl Ludwig Gotthilf Günther (1830 - 1914), als Naturwissenschaftler an der Zoologischen Abteilung des Britischen Museums tätig war.
Als sehr persönliche Mitteilungen geben die Briefe Zeugnis über die äußeren Lebensverhältnisse (Lebenshaltungskosten, Besoldung, Steuern, Krankheiten etc.) und die geistige Haltung einer württembergischen Pfarrfamilie um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert. Die kriegerischen Ereignisse, in die Württemberg nach der Französischen Revolution verwickelt war und in deren Folge die Stadt Esslingen ihre Reichsunmittelbarkeit verlor, bilden dabei den Hintergrund. Die Mediatisierung Esslingens brachte große Veränderungen mit sich, die auch in diesen Briefen ihren Niederschlag finden, wie etwa die neue Besoldung für Staats- und Kirchendiener, die Neuordnung des Armenwesens oder die Zunahme der Auswanderungsbewegung (s. Brief vom 2. Oktober 1803). Daneben stehen väterliche Empfehlungen an den in Tübingen Theologie studierenden Sohn, die das geistige Umfeld erhellen, wie z. B. Hinweise auf Lektüre (David Cranz "Alte und neue Brüderhistorie" von 1772, "Hillerisches Schatzkästlein" von 1762) oder die Herrnhuter Konferenz und das Bengelsche System.
Die Predigten und die Tafel "Compendium Biblicum" können nicht eindeutig einem Mitglied der Familie Nagel zugeordnet werden. Wahrscheinlich stammen sie von Andreas Ludwig Friedrich Nagel, Pfarrer in Vaihingen auf den Fildern, und gelangten über dessen Tochter, Eleonore Louise Nagel verehelichte Günther, nach England. Die Handschrift des Vaihinger Nagel wurde mehrfach von dessen Vater kritisiert. So ist es durchaus möglich, dass A. L. F. Nagel seine Predigten abschreiben ließ. Ein Schriftvergleich mit der Handschrift Nagels aus den Personal- bzw. Ortsakten (A 27/2289 und A 29/4882 - 4884) ergab keine Übereinstimmung. Das Fragment der gedruckten "Günther Family Records" verdeutlicht die verwandtschaftlichen Beziehungen der beiden Familien Nagel - Günther.
---
Zur Bestandsgeschichte
Der vorliegende Nachlass gelangte im Sommer 1985 von Herrn A. E. Gunther aus London über das Deutsche Literaturarchiv in Marbach an das Landeskirchliche Archiv nach Stuttgart. Er wurde 1986 von Barbara Springer verzeichnet. |