===== Orts- und Ortskirchengeschichte =====
Oberstenfeld liegt im oberen Bottwartal an der Vereinigung der Flussläufe Hasen-, Schmid- und Söhlbach mit der Bottwar. Der Ort grenzt an die Löwensteiner Berge, auf deren Ausläufer der Filialort Lichtenberg liegt. Das Dorf kam 1807 zum Oberamt Marbach und 1938 zum Landkreis Ludwigsburg. Kirchlich blieb Oberstenfeld mit seinen Filialen Lichtenberg, Kurzach, Neuwirtshaus, sowie den Wohnplätzen Ziegelhütte und Schafhaus dem Dekanat Marbach/Neckar zugeordnet. Das Dorf war noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Wesentlichen landwirtschaftlich geprägt, die Haupterwerbsquellen waren Feld- und Obstbau, Viehzucht und Weinbau. Die Reformation wurde vermutlich unter Veit Engel wie in den übrigen Gemeinden des Landes sofort eingeführt. Unter dem 30jährigen Krieg hatte der Ort wie alle umliegenden Gemeinden sehr zu leiden. Ob es auch hier zum Ausbruch der Pest kam, lässt sich leider anhand des Pfarrarchivs weder belegen ausschließen, da die erhaltenen Unterlagen erst später einsetzen. Ein Auftreten der Pest um 1634 erscheint jedoch durchaus möglich. Verheerende Spuren hinterließ der Pfälzische Erbfolgekrieg, da im Sommer 1693 der Ort von französischen Truppen in Brand gesteckt wurde und etwa ein Drittel des Ortes dabei zerstört wurde. Bürgermeister- und Heiligenrechnungen verbrannten im Rathaus. Offenbar scheint es zwischen Ende Dezember und Februar 1802 zum Ausbruch der Pocken gekommen zu sein, der vor allem Kinder zum Opfer fielen. Im Jahr 1833 findet sich als Todesursache bei Kindern in 16 Fällen „rote Flecken, was wahrscheinlich mit Masern gleichzusetzen ist. 1834 grassiert die Brechruhr. Die Anzahl der Todesfälle von meist durchschnittlich 50 verdoppelt sich nahezu auf 91 Todesfälle. Einer um das Jahr 1150 nachgefertigten Urkunde zufolge - wahrscheinlich eine Fälschung, wurde das Adelige Stift um das Jahr 1016 von einem Grafen Adelhard und seinem Sohn Heinrich gegründet (Württ. Urk.-Buch 1,249 ff.). Der weitgehend lückenlose Nekrolog des Stifts deutet darauf hin, dass es auch tatsächlich schon im 11. Jhdt. bestand. Seine Schirmvögte waren bis 1357 die Hummel von Liechtenberg, dann die Grafen von Württemberg. Herzog Ulrich wandelte es nach der Einführung der Reformation in ein evangelisch adeliges Fräuleinstift um. Nach dem Schmalkaldischen Krieg schloss sich das Stift dem Ritterkanton Kocher an, musste jedoch 1730 nach einem 20 Jahre währenden Reichshofratsprozess die württembergische Schirmherrschaft wieder anerkennen, stand aber dennoch fortwährend unter der Oberaufsicht der Direktion des Kantons Kocher. Im Zuge des Pariser Friedens von 1802 bzw. dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 verlor das Stift seine Reichsunmittelbarkeit an Herzog Friedrich II. von Württemberg. Er garantierte den Fortbestand des Stifts unter Aufstellung neuer Stauten im Jahr 1805 und zweier Bestätigungen dieser Statuten aus den Jahren 1808 und 1815 (Nr. 139-141) 1920 wurde das Stift aufgehoben. Im Ort existieren die im spätromanischen Stil ab etwa 1200 erbaute Stiftskirche St. Johannes der Täufer und die 1247 als Eigentum des Stifts erbaute und 1738 nach vorangegangenen Zerstörungen neuerbaute Ortskirche St. Gallus, gemeinhin „Fleckenkirche genannt. Im Nordosten der Gemeinde liegt das im 11. Jhdt. erbaute Peterskirchlein mit umgebendem Kirchhof, das als romanisches Kleinod gilt und zu den ältesten Sakralbauten in Württemberg zählt. Üblicherweise fanden im Sommer Gottesdienste und Abendmahl, mit Ausnahme der Wochen- und Sonntagskinderlehre und des Leichengottesdienstes, in der Stiftskirche statt. Im Winter wurden die Gottesdienste in aller Regel in der wärmeren und weniger feuchten Fleckenkirche abgehalten.
===== Pfarrerliste =====
15..-1541 Veit Engel 1541-... Thomas Neuffer 1549ff Interim 15..-1579 Jakob Hertterich (ist schon ab 1557 dort) 1573-1590 Daniel Wetzel 1590/91-1623 Johann Wolfgang Hamann (oder Haan) 1623-1643 M. Johannes Widmann 1644-1657 Johannes Spring 1657-1663 M. Johann Erhard Cellius 1663-1666 Georg Christoph Hochaicher 1666-1676 M. Christoph Lindenmajer 1676-1703 M. Johann Ulrich Landerer 1703-1716 Johann David Flattich NB: Zugleich Stiftsprediger bis 1714, ab da bis 1728 besonderer Stiftsprediger 1714-1728 Egidius Zinck 1716-1729 Pfarrei nur provisorisch besetzt: a) M. Albrecht Friedrich Harsch b) 1721-1729 M. Johann Wilhelm Venninger NB: Alle folgenden Pfarrer auch wieder zugleich Stiftsprediger 1729-1755 M. Christian Friedrich Dornfeld 1755-1769 M. Johann Michael Krais 1769-1803 M. Johann Christoph Bahnmaier 1803-1821 Johann Gottlieb Tritschler 1821-1835 M. Jonathan Heinrich Faber 1836-1838 M. Immanuel Christian Heinrich Sigel 1838-1845 M. Viktor August Jäger (auch Jeeger) 1845-1849 M. Georg Friedrich Eberhard Schott 1850-1873 M. Wilhelm Ludwig Eduard Fleischmann 1873-1893 Karl August Theodor Hermann 1894-1904 Rudolf Magenau 1905-1919 Martin Strebel 1920-1926 Bernhard Fricker 1926-1933 Ludwig Eyth 1934-1949 Theodor Rieger 1949-1959 Paul Gerhard Faigle 1959- Sigmar Zeller
===== Bestandsgeschichte =====
Am 5. September 2017 wurde das Archiv des Pfarramts Oberstenfeld auf der Grundlage eines Kirchengemeinderats-Beschusses vom 13.12.2016 zur Verwahrung und Verwaltung an das Landeskirchliche Archiv in Stuttgart abgegeben und im Jahr 2019 von Dipl. Archivarin Birgitta Häberer M.A. erschlossen. Der Bestand umfasst 340 Bestellnummern mit einem Gesamtumfang nach Kassation und archivgerechter Verpackung von 5,75 lfd. Metern. Das Pfarrarchiv gliedert sich in Amtsbücher - darunter die 1687 einsetzenden Kirchenbücher bis einschließlich 1875, ungebundene Akten, bestehend aus einer älteren, ungeordneten und einer jüngeren nach der Registratur-Ordnung für Pfarrämter von 1901 vorgeordneten Aktenschicht, sowie Rechnungsunterlagen und Sammlungen bis 1966. Vereinzelte Unterlagen reichen zeitlich jedoch noch etwas weiter in die Gegenwart. Die ungebundenen Akten der älteren und der jüngeren Aktenschicht wurden gemeinsam nach der genannten Registratur-Ordnung gegliedert. Wegen zu erwartender hoher Nachfrage können die Kirchenbücher aus konservatorischen Gründen nur über Mikrofilm oder das Kirchenbuchportal Archion (www.archion.de) eingesehen werden. Eine zunächst angedachte Trennung zwischen der Überlieferung des Stifts Oberstenfeld und der Ortsgemeinde stellte sich als undurchführbar heraus, da bis auf die Jahre 1714 bis 1728 der Stiftsprediger in Personalunion auch Pfarrer der Fleckenkirche war, und somit typischerweise die Registratur zu Vermögensfragen der Pfarrei und zur Pfarrbesoldung untrennbar sind. Archivalien, die das Freie Adelige Stift Oberstenfeld selbst betreffen, sind schwerpunktmäßig im Staatsarchiv in Ludwigsburg bzw. im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart zu suchen. Lediglich einzelne Schriftstücke wie z.B. Stiftungsurkunden des Damenstifts aus württembergischer Zeit befinden sich im Bestand des Pfarrarchivs. Aus einem Inventar der Fleckenkirche für die Jahre 1713, 1812-1838 (Bestnr. 158) geht hervor, dass zum Inventar auch ein „Neues Judenbuch vom 1. Jan. 1828 - Not. in duplo sowie ein Hebammenbuch der Fleckengemeinde vorgelegen haben muss, deren Verbleib leider ungeklärt ist. |
Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, Bd. III, hrsg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Stuttgart 1980, S. 440f. Beschreibung des Oberamts Marbach, hrsg.: K. statistisch-topographisches Bureau, Stuttgart 1866, S. 253ff. Der Kreis Ludwigsburg, hrsg. Ulrich Hartmann, Stuttgart / Aalen 1977, S. 305f. Sigel, Christian: Das Ev. Württemberg, Generalmagisterbuch (Manuskript) Bischoff, Christian: Geschichte der St. Galluskirche gen. „Fleckenkirche“ in Oberstenfeld, hrsg. auf den 200jährigen Gedenktag ihrer Einweihung am 15. November 1739 von Bürgermeister Bischoff, Marbach 1935 (Best. 150) Ehmer, Hermann: Stift Oberstenfeld, Ostfildern 2016 Heß, Gerhard: Das Peterskirchle bei Oberstenfeld, in: Hie gut Württemberg Nr. 3 vom 27.09.1986 Heß, Gerhard: Beiträge zur älteren Geschichte des Frauenstifts Oberstenfeld. In ZWLG 9 (1949/1950), S. 47-60 (Sonderdruck in: Best. PfA Oberstenfeld Nr. 149) Oechsle, Hanns-Otto: Festschrift zur Einweihung des Gemeindehauses am 6. Juni 1982, Oberstenfeld 1982 Schedler, Ernst [Hrsg]: Oberstenfeld - Gronau - Prevorst in Gedichten und Geschichten, Horb am Neckar 1989 Walter, Heinz Erich: Oberstenfeld und seine Kirchen, Walter-Heimatführer Nr. 106, Ludwigsburg 1968 Hauptstaatsarchiv Stuttgart: H230 Geistliche Lagerbücher Stift Oberstenfeld; B 5 b Bd. 17-19 Neuwürttembergische geistliche Zins- und Haischbücher; N 11 Nr. 25 Land- und Flurkarten betr. Neuwürttemberg; J1 Handschriften Bd. 276-178 Natalie von Stetten-Buchenbach, Stift Oberstenfeld Staatsarchiv Ludwigsburg: B 480 S Oberstenfeld Kanonissenstift; B 480 L Oberstenfeld Kanonissenstift Württembergische Landesbibliothek: Cod. Hist. Fol. 955 Elisabeth von Ziegesar, Geschichte des adeligen Stifts zu Oberstenfeld |