===== Ort- und Kirchengeschichte =====
Die erste urkundliche Erwähnung einer Pfarrei zu Bernhausen datiert aus dem Jahre 1275. Sie stammt aus dem liber decimationis, einem Steuerregister für den Klerus zur Geldbeschaffung für einen Kreuzzug, und bezieht sich auf eine Vikarie und ein Plebanat (Pfarrstelle) samt deren Einkünften. Seit dem frühen 14. Jahrhundert verstärkte sich der Einfluß des württembergischen Grafenhauses in dem den Freiherrn von Bernhausen gehörigen Ort, bis schließlich im Jahre 1342 der Kirchensatz endgültig an Württemberg fiel. Seit 1350 entrichteten die württembergischen Grafen, wohl als Entschädigung für den ursprünglich zur Pfarrpfründe gehörigen Zehnten, dem Kirchrektor (Pfarrer) einen jährlichen Zins von 10 Pfund. Außerdem übereigneten sie der Bernhauser Pfarrei den Flachs- und Hanfzehnten zu Bernhausen. Als Nachfolger der bereits erwähnten Vikarie ist wohl die Frühmesse bzw. Nikolauskaplanei zu bezeichnen, die im späten Mittelalter mehrfach bezeugt ist. Als dritte Pfründe stifteten Schultheiß, Gericht und Rat zu Bernhausen am 22. März 1423 die Meßpfründe am Marienaltar der Bernhauser Pfarrkirche. Mit der Rückkehr des 1521 durch Truppen des Schwäbischen Bundes vertriebenen Herzogs Ulrich in seine angestammten Lande (1534) wurde - wie im gesamten Herzogtum - auch in Bernhausen die Reformation kraft obrigkeitlicher Anordnung eingeführt. In ihrem Gefolge wandelte sich das kirchliche und religiöse Leben grundsätzlich: die Predigt des Evangeliums trat an die Stelle der abgeschafften Messe, das Abendmahl wurde in neuen Formen gefeiert und der Gesang wandelte sich zum Gemeindegesang. Die zahlreichen Stiftungen der Gläubigen wurden, Vorschlägen Luthers folgend, jetzt vor allem zu karitativen und sozialen Zwecken verwandt. Dazu wurde eine neue Einrichtung, der örtliche Almosenkasten, ins Leben gerufen, dem die Einkünfte der aufgehobenen Kaplaneien und Altarpfründen zugewiesen wurden. Wie im Herzogtum üblich, wurde der Almosenkasten mit dem Heiligen, dem Kirchenvermögen, vereinigt und durch einen Bediensteten der Gemeinde, den sog. Heiligenpfleger, verwaltet. Gleichzeitig wurde der Aufgabenbereich des Heiligen (pium corpus) erheblich erweitert, hatte er doch auch für die Unterhaltung der neugegründeten, bereits für 1551 nachgewiesenen deutschen Schule Sorge zu tragen. Spuren dieser institutionellen Veränderungen, die mit der Einführung der Reformation statthatten, finden sich auch in der Überlieferung des Pfarrarchivs, etwa in den Akten zum Armen- oder Schulwesen. Am 01.01.1981 wurde die Pfarrei Bernhausen zum Dekanatamt erhoben.
===== Bestandsbeschreibung =====
Der Überlieferung des Pfarrarchivs ist zur Einführung der Reformation nichts zu entnehmen. Die einschlägigen Quellen, insbesondere die Visitationsberichte, die Lagerbücher sowie die Synedusprotokolle, werden im Hauptstaatsarchiv Stuttgart bzw. im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart verwahrt. Von den Kirchenbüchern und den Kirchenkonventsprotokollen abgesehen, muß die erst im 19. Jahrhundert sich verdichtende Überlieferung des Pfarrarchivs als äußerst lückenhaft bezeichnet werden. Gleichwohl findet sich in ihr manch wertvolles Archivale, insbesondere die von Pfarrer Paul Mildenberger verfaßte Ortschronik der Jahre 1914-1931 (Bestell-Nr. 71).
===== Bestandsgeschichte =====
Das Pfarrarchiv Bernhausen wurde im Jahre 1970 durch Pfarrer Schütt zum ersten Mal gesichtet und grob geordnet. 1996 wurde das Archiv vom Landeskirchlichen Archiv Stuttgart als Depositum übernommen. In diesem Zusammenhang erwies es sich als unumgänglich, den in Unordnung geratenen und um unverzeichnetes Schriftgut vermehrten Bestand nach archivischen Maßstäben zu ordnen, zu verzeichnen und zu erschließen. Diese Arbeiten wurden im Jahre 1998 durch Claudius Kienzle im Rahmen eines Praktikums durchgeführt. |