===== Ort- und Kirchengeschichte =====
Auf einer Anhöhe der Lonetal-Kuppenalb gelegen wird Scharenstetten 1255 erstmals schriftlich erwähnt, das benachbarte Radelstetten knapp eine Generation später (1275). Beide Orte waren im Spätmittelalter Teil der Herrschaft Helfenstein und kamen im 14. Jahrhundert an die Reichsstadt Ulm. Scharenstetten war bis 1772 Sitz eines Amtes (mit Radelstetten, Temmenhausen und Luizhausen). Bei der Mediatisierung 1803 kam die Herrschaft Ulm zunächst an Bayern und wurde dann 1810 dem Königreich Württemberg zugeschlagen. Die Orte zählten zum Oberamt Ulm (später Alb-Donau-Kreis). Bei den Gemeindereformen wurde Scharenstetten zu Dornstadt und Radelstetten zu Lonsee gezogen. Kirchlich gehört das Pfarramt zum Dekanat Blaubeuren. Die Laurentiuskirche in Scharenstetten wird bereits 1275 als Pfarrkirche bezeichnet. Der romanische Chorturm (11. Jahrhundert) belegt das hohe Alter der Kirche. Das Kirchenschiff stammt aus dem 18. Jahrhundert. Vor der Reformation amtierten zwei Geistliche im Ort: der Pfarrer und ein Frühmesser. 1531 führte Ulm die Reformation durch. Der altgläubige Pfarrer wurde nach einer Bewährungsfrist entlassen und durch den aus dem Badischen stammenden Werner Zachmann ersetzt (1531-1533/35). Auch die Frühmesse wurde aufgehoben. In Radelstetten wird die Martinskirche ebenfalls 1275 erstmals bezeugt. Das Patrozinium weist jedoch nicht auf ein hohes Alter der Kirche hin, vielmehr handelt es sich wohl um eine Übertragung des Patroziniums von der Mutterkirche in Tomerdingen. 1837 ersetzte ein Neubau einen Kirchenbau des 18. Jahrhunderts. Auch in Radelstetten wurde 1531 die Reformation durchgeführt. Bis 1634 hatte der Ort einen eigenen Pfarrer, dann wurde die Pfarrei mit Scharenstetten zusammengelegt.
===== Bestandsbeschreibung und -geschichte =====
Das Archiv des Pfarramts Scharenstetten-Radelstetten wurde bis jetzt noch nicht verzeichnet. Es war bis 1998 nur ungenügend in einem Bühnenraum des Pfarrhauses in Scharenstetten untergebracht. Die Feuchtigkeit hatte bei den Akten zum Teil schon Pilzbefall verursacht. Auf Vorschlag des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart beschloss der Kirchengemeinderat, das Archiv an das Landeskirchliche Sprengelarchiv Ulm abzugeben, wo es künftig sachgemäß verwaltet und verwahrt wird. [Der Bestand befindet sich heute im Landeskirchlichen Archiv Stuttgart.] Die Abgabe betraf alle Akten bis einschließlich 1966. Bei den Kirchenpflegrechnungen wurde das Stichjahr 1978 gewählt. Von der Abgabe ausgenommen sind die Kirchenbücher und jüngeren Protokolle, die weiterhin im Pfarramt Scharenstetten aufbewahrt werden. Der Übernahme ins Sprengelarchiv folgte im Jahr 2000 die Verzeichnung, um das Archiv der Benutzung freigeben zu können. In 191 Nummern wurde der geringe Bestand erfasst (ca. 2,5 lfd. m). Als Besonderheiten können nur das Zins- und Gültbuch aus dem Jahr 1778 (Nr. 48) und die Ordnung des Amts Scharenstetten aus dem Jahr 1574 (Nr. 88) genannt werden. Vereinzelt wurden Akten aus dem 17. und 18. Jahrhundert vorgefunden, allerdings in nur sehr geringem Umfang. Insgesamt ist der Archivbestand sehr lückenhaft. Bei den ungebundenen Akten fehlen ganze Betreffe (z.B. zum Pfarrerstand). Auch bei den Kirchenpflegrechnungen fehlt vieles. Die Rechnungen der Heiligenpflege haben sich im Gemeindearchiv erhalten. Dagegen weist die Kirche in Scharenstetten ein kunsthistorisches Kleinod auf. 1760 beklagte man sich bei der Ulmer Herrschaft darüber, „daß der Altar in der Kirchen zu Scharenstetten einer der allerschlechtesten, die Gemäld, Tafel und das Cruzifix in der Mitten durchspalten, und die Malerey verdorben und abgeschuppet seye. Dem Amtsort wurde durch die Pfarrkirchenbaupfleger ein im Münster nicht mehr verwendeter, spätgotischer Altar aus der Multscher-Schule geschenkt[1].
Ulm, im Oktober 2000 Dorothea Reuter
[1] Vgl. Nr. 112. Zur Übertragung des Ulmer Altars nach Scharenstetten finden sich Schriftstücke im Gemeindearchiv Scharenstetten sowie im Stadtarchiv Ulm. |