===== Biografische Notiz =====
Hermann Diem wurde am 02.02.1900 als Sohn des Küfermeisters Carl Diem und dessen Frau Martha geb. Schickler in Stuttgart geboren. Er war der Bruder von Harald Diem (1913-1941), s. Archiv Sign. D 111. Prägend für Hermann Diem waren der Ruhrkampf (1920), die theologische Beschäftigung mit Sören Kierkegard (dessen Werke er herausgab) und besonders die Begegnungen und die Freundschaft mit Karl Barth. Er war zunächst Religionslehrer, danach Pfarrer in Ebersbach an der Fils (1934 bis 1956). Während der Zeit des Nationalsozialismus vertrat er den "rechten Flügel" der Bekennenden Kirche, die "Dahlemiten". 1934 nahm er an der Bekenntnissynode in Barmen teil, deren Theologische Erklärung er konsequent vertrat. Er wurde Vorsitzender der Kirchlich-Theologischen Sozietät in Württemberg (1936-1955). Er verweigerte den Treueeid auf den Führer, 1938. Wie andere württembergische Pfarrfamilien, so versteckte Hermann Diem bedohte Juden in seinem Pfarrhaus (Württembergische Pfarrhauskette). Hermann Diem forderte den Oberkirchenrat in Stuttgart auf, ein "Wort zur Judenfrage" zu schreiben (1941); 1943 schrieb er selber einen Protestbrief gegen die Judenverfolgung und den christlichen Antisemitismus (Münchner Laienbrief). Nach dem 2. Weltkrieg verfassten Karl Barth, Joachim Iwand, Hermann Diem u.a. das "Darmstädter Wort", in dem der neue Weg der Kirche nach dem Versagen im "Dritten Reich" und eine soziale und friedenspolitische Ausrichtung der Demokratie in Deutschland gefordert wurden (1947). Hermann Diem stellte sich vehement gegen die Wiederaufrüstung Deutschlands (1950) und die atomare Bewaffnung (1958). 1957 wurde Hermann Diem Professor für Systematische Theologie und Kirchenordnung an der Universität Tübingen (bis 1968); 1964/65 war er deren Rektor. Er starb am 27.02.1975 in Tübingen.
Diems literarisches Schaffen ist umfangreich. Zunächst, in der Zeit des Kirchenkampfes, schrieb er theologische Artikel in der Zeitschrift "Zwischen den Zeiten" und in der von Karl Barth gegründeten Schriftenreihe "Theologische Existenz heute". Einige seiner Veröffentlichungen: "Philosophie und Christentum bei Sören Kierkegaard" (1929); "Kirche und Entznazifizierung", Denkschrift der Kirchlich-Theologischen Arbeitsgemeinschaft (1946); "Restauration oder Neuanfang ín der Evangelischen Kirche?" (1946); "Luthers Predigt in den zwei Reichen" (ThEx heute N.F. 6; Neuabdruck in Sauter, Berhard (Hg.): "Die Zwei-Reiche-Lehre Luthers", München, 1973); "Theologie als kirchliche Wissenschaft", 3 Bände (1951+1955+1963); "Ja oder Nein. Fünfzig Jahre Theologie in Kirche und Staat", München, 1974; weitere Veröffentlichungen von Hermann Diem in der EHZ-Bibliothek.
===== Bestandsgeschichte =====
Die Unterlagen stammen aus dem Nachlass des Pfarrers Hermann Diem. Sie wurden durch Pfarrer Harry Waßmann, der die Unterlagen von Ulrike Diem, Tübingen, erhalten hat, dem Archiv im Jahr 2014 übergeben. Der Bestand umfasst vornehmlich Unterlagen zum "Fall Paul Schempp". Hermann Diem hat die Unterlagen geordnet in "Fall Schempp", Heft I und Heft II, dazu separat "Aus den Akten von Wurm"; diese Vorsortierung wurde beibehalten. Im Übrigen ist der "Nachlass Hermann Diem" nur ein Teil-Nachlass, lediglich bezogen auf Paul Schempp.
Zu Hermann Diem siehe auch in den Beständen des Zentralarchivs: Die Kirchlich-Theologische Sozietät (KTS) in Württemberg (Archiv Sign. K 61).
===== Literatur =====
- Bauer, Gerhard: "Hermann Diem (1900-1975). Predigt aus Anlass der Beerdigung von Hermann Diem, 4. März 1975 in Tübingen", in: "Gestorben und begraben - und siehe, wir leben! Nachrufe auf Theologen", Stuttgart, 2004, S. 44-49 (EHZ-Bibliothek Sign. A 11/3829). - Brandt, Renate : "Hermann Diem (1900-1975) und Harald Diem (1913-1941)", in: Lächele, Rainer, Thierfelder, Jörg (Hgg.): "Wir konnten uns nicht entziehen. Dreißig Porträts zu Kirche und Nationalsozialismus in Württemberg", Stuttgart, 1998 (EHZ-Bibliothek Sign. A/7464). - Hermle, Siegfried: "Diem, Hermann", in: RGG 4. Auflage, Bd. 2, 1999, Sp. 839 f. - Honecker, Martin: "Hermann Diem", in Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL), Bd. 33, Nordhausen, 2012, Sp. 281-298. - Kläger, Steffen: "Hermann Diem", in: Drecoll, Volker, Baur, Juliane, Schöllkopf, Wolfgang (Hgg.): "Stiftsköpfe", Tübingen, 2012, S, 376-384 (EHZ-Bibliothek Sign. A/10706). - Schäfer, Gerhard (Hg.): "Die evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf", 6 Bände, Stuttgart, 1971-1986 (EHZ-Bibliothek Sign. A7 / 368). - Widmann, Martin: "Die Geschichte der Kirchlich-theologischen Sozietät in Württemberg, in: Karl-Adolf Bauer (Hg.): "Predigtamt ohne Pfarramt? Die 'Illegalen' im Kirchenkampf", Neukirchener Verlag, 1993, S. 110-190 (EHZ-Bibliothek Sign. A 7/6059). - Wittler-Morgen, Helga: "Dein Wort ist die rechte Lehre. Hermann Diem als Pfarrer in Ebersbach 1934-1955", 2. Auflage, Ebersbach/Fils, 2020 (EHZ-Bibliothek A 7/12239). - Zecha, Marcus: "Hermann Diem. Kompromissloser Streiter für eine lebendige Kirche", in: "Mutige Christen im NS-Staat", Göppingen, 2002, S. 25-27 (EHZ-Bibliothek Sign. A7/8432).
Pfarrer Dr. Friedrich Löblein, 12.11.2025 |