Biografische Informationen
*Hans Leopold Alexander Stroh wurde am 6. August 1908 in St. Aegyd am Neuwalde im damaligen Österreich-Ungarn geboren. Er war eines von sechs Kindern des aus Stuttgart stammenden Wiener Fabrikanten Hans Georg Rudolf Stroh ("Rudolf") und dessen Ehefrau Friederike ("Frieda"), geborene Heinze. Rudolf Stroh erzog seine Kinder in "Furcht und Vermahnung zum Herrn" (Aus der Gedenkschrift zur Erinnerung an Hans Georg Rudolf Stroh, S. 8), wodurch die tiefe Religiosität von Hans Stroh vorgeprägt wurde. Von 1914 bis 1918 besuchte Hans Stroh die Evangelische Schule in Wien, von 1918 bis 1926 das dortige Gymnasium III. Dazwischen, von 1919 und 1920, lernte er an der Lateinschule in Güglingen im Zabergäu (südwestlich von Heilbronn). Sein Studium der Theologie, das er 1926 in Wien begann, führte ihn nach Zürich und vor allem nach Tübingen. Nach der ersten theologischen Dienstprüfung 1931 erhielt er ein Stipendium für einen Studienaufenthalt am Union Theological Seminary in New York City, wo er den Grad eines Sacred Theology Master erwarb. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland zum Wintersemester 1932 übernahm er die Stelle des persönlichen Assistenten von Prof. D. Dr. Karl Fezer an der Predigeranstalt der Evangelischen Theologischen Fakultät in Tübingen. Kurz darauf, am 13. November 1932 erhielt er die Ordination. Im Sommersemester 1934 wurde er Repetent am Evangelischen Stift Tübingen. Zum 1. August 1935 übernahm Hans Stroh stellvertretend die zweite Stadtpfarrstelle an der Gedächtniskirche in Stuttgart, also die Waldkirchgemeinde, und betreute gleichzeitig die Studentengemeinde an der TH Stuttgart. Nach Ablegung der zweiten theologischen Dienstprüfung im Frühjahr 1936 übernahm er die Pfarrstellen in Stuttgart nun offiziell. Im folgenden Jahr begann er, parallel zu seinen dienstlichen Tätigkeiten, an einer Dissertation über die Hermeneutik des Pietismus zu schreiben. Er gab dieses Vorhaben jedoch wieder auf, um seine Zeit voll und ganz seiner Pfarrgemeinde zu widmen. Erst etwa vierzig Jahre später vollendete und veröffentlichte er seine für die Dissertation angefangene Arbeit unter dem Titel "Hermeneutik im Pietismus". Am 19. Oktober 1938 heiratete er Dr. med. Rosemarie Wendel, damals Medizinalpraktikantin an der Medizinischen Poliklinik in Tübingen. Zusammen hatte das Paar drei Kinder - Wilfried Rudolf, Wolfgang Martin und Waltraut. Im Februar 1940 wurde Hans Stroh gemustert und für tauglich erklärt. Er sollte u. a. als Lagerpfarrer für die britischen Kriegsgefangenen im Lager Ludwigsburg eingesetzt werden. Dem Evangelischen Oberkirchenrat gelang es aber bis Anfang November 1942 mehrmals für ihn aufgrund seiner umfassenden Aufgaben - der ihn assistierende Stadtvikar war bereits eingezogen worden, außerdem war Hans Stroh, wohl kriegsbedingt, nun auch für die Studentengemeinde in Esslingen zuständig - die Zuerkennung der Unabkömmlichstellung ("UK-Stellung") zu erreichen. Am 4. November 1942 wurde Hans Stroh schließlich eingezogen und trat seinen Dienst bei einer Sanitätsabteilung in Ulm an. Mit der 715. Infanterie-Division war er u. a. in Italien stationiert, wo ihm im Mai 1944 das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern verliehen wurde. Nach Kriegsende geriet er zusammen mit seiner Einheit, die sich inzwischen in Nordböhmen befand, in russische Kriegsgefangenschaft. Im Kriegsgefangenenlager Lauban in Schlesien, das kurze Zeit später an die polnische Armee übergeben wurde, übernahm Hans Stroh die Funktion des Lagerpfarrers. Nachdem er noch im Dezember 1945 ins Lager Fürstengrube in Ostoberschlesien verlegt wurde, kam er zum Jahreswechsel frei und kehrte nach Stuttgart zurück. Im April 1946 wurde Hans Stroh nach Tübingen versetzt und übernahm dort die Stelle des Studentenpfarrers. Nach etwa fünfjähriger Tätigkeit in Tübingen beabsichtigte er, sich auf die Stelle des Studentenpfarrers in Berlin zu bewerben. Da die Kirchenleitung in ihm aber eine für die Württembergische Landeskirche wichtige Persönlichkeit sah, bot sie ihm die zweite Pfarrstelle an der Evangelischen Akademie Bad Boll an. Die dortige Stelle in der Funktion eines Studienleiters trat er zum 1. September 1951 an. Zwölf Jahre später wurde er zum Leiter der Pastoralkollegs der Württembergischen Landeskirche in Freudenstadt und zum Kirchenrat ernannt. Diese Stelle hatte er vom 1. März 1964 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 1. Mai 1974 inne. Zeitlebens war Hans Stroh auch außerdienstlich in Glaubensdingen tätig. So war er u. a. im Vorstand der Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland und im Vertrauensrat der Evangelischen Studentengemeinde in Deutschland sowie bereits seit den 1930er Jahren in der Moralischen Aufrüstung aktiv. Der Aufbau und die stetige Verbesserung des jüdisch-christlichen Verhältnisses im Allgemeinen und die Beziehung zur Israelitischen Kultusgemeinde des französischen Départements Bas-Rhin im Speziellen lagen ihm besonders am Herzen. Hierfür und für die zeitgemäße Ausbildung und Förderung der Pfarrer während seiner Zeit am Pastoralkolleg wurde ihm am 5. Februar 1974 von der Universität Tübingen die Ehrendoktorwürde (Dr. theol. h. c.) verliehen (LKA, D 47, Laudatio von Prof. Dr. Jürgen Moltmann auf Hans Stroh anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde.). Hans Stroh setzte seine Tätigkeiten auch noch während seines Ruhestandes bis ins hohe Alter fort. Am 23. Oktober 1989 starb er auf einer Reise in Dieren, einem Dorf der Gemeinde Rheden in den Niederlanden. Hans Strohs Personalakte (LKA, Nr. 1402) ist aufgrund ihres Umfangs für seine Biografie eine wertvolle Quelle.
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Bestandsgeschichte
Etwa im Laufe des Jahres 1988 entstand ein Briefwechsel zwischen Hans Stroh und dem damaligen Leiter des Landeskirchlichen Archivs Stuttgart, D. Dr. Gerhard Schäfer. Darin entwickelten beide einen Plan zur Übernahme des Privatarchivs Hans Strohs durch das LKA. Jedoch erst mit dem neuen Archivleiter, Dr. Hermann Ehmer, konnten die Planungen vertieft werden. Hans Strohs Tod unterbrach diese Planungen kurzzeitig. Im April / Mai 1990 schließlich übergab Rosemarie Stroh den Nachlass ihres Mannes an das LKA. Eine Besonderheit des Nachlasses ist, dass er sechs weitere, teils umfangreiche Nachlässe anderer, in der MRA aktiven Personen enthält. Der Nachlass von Hans Stroh ergänzt somit den zentralen Bestand der Oxford-Bewegung und der MRA in Deutschland, der sich mittlerweile ebenfalls im LKA befindet. Der Nachlass wurde im Januar bis März 2010 von Uwe Heizmann im Rahmen eines Werkvertrages unter der Signatur D 47 verzeichnet.
Der Nachlass wurde nahezu vollständig übernommen. Kassiert wurden neben doppelten und mehrfachen Überlieferungen sechs Bände des Amtskalenders für die Evangelische Kirche in Württemberg und drei Bände der "Losungen", die jeweils nur wenige Notizen Hans Strohs ohne Aussagekraft enthielten. Ferner Briefe betreffs Buchbestellungen oder vereinzelnde Schankrechnungen. Ansonsten wurden auch unkommentierte Kopien von Aufsätzen aus Monografien oder sonstiger Veröffentlichungen anderer Autoren ausgesondert. Einige wenige Bücher und Zeitschriften wurden an die Landeskirchliche Zentralbibliothek abgegeben. Die vereinzelt vorhandenen Fotos wurden in die Bildnissammlung des LKA unter Angabe der Provenienz eingegliedert. Ferner wurde eine Zeichenmappe, vermutlich aus der Schulzeit Strohs, an die Museale Sammlung des LKA übergeben.
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Erläuterung des Materials
Obwohl der Nachlass bereits bei Hans Stroh schon geraume Zeit und im LKA nochmals zwanzig Jahre lagerte, befindet er sich in einem guten Zustand. Lediglich der Inhalt eines größeren Kartons musste mechanisch von inaktiven Schimmelrückständen grob gereinigt werden. Die Ordnung des Nachlasses wurde an die Biografie Hans Strohs angepasst. Besonders hervorzuhebende Angelegenheiten bzw. solche, die mehrere Lebensabschnitte überspannen, wurden gesondert aufgeführt. Der Nachlass beinhaltet größtenteils Korrespondenz, daneben aber auch viele Mitschriebe und Konzepte für Vorträge und Predigten. Hans Stroh hatte selbst eine Grobordnung vorgenommen, wobei der Zusammenhang bei manchen "Päckchen" nicht immer nachvollziehbar war. Die einzelnen Verzeichnungseinheiten wurden so gut es ging entsprechend der Lebensabschnitte Hans Strohs angepasst. "Päckchen", welche übergroße Zeiträume betrafen, wurden aufgeteilt. Hervorzuheben ist der bereits 1964 von Hans Stroh übernommene Nachlass von Justus Ferdinand Laun (Teil des MRA-Archiv-Bestandes). Hans Stroh hatte sich die Mühe gemacht, nahezu jede einzelne Akte mit einer Abschlussbewertung bezüglich ihres Informationswertes zu versehen. Der Bestand enthält außerdem umfangreiche Unterlagen zu Geschichte der MRA. Diese sind zum einen in einem gesonderten Abschnitt eingeordnet, zum anderen verteilen sie sich aber auch auf den gesamten Nachlass. Die entsprechenden Dokumente sind über den Index zu finden. Die Hauptüberlieferung, 125 Einheiten, also mehr als ein Viertel des Bestandes, besteht aus nichtdienstlicher Korrespondenz, davon größtenteils mit Familiengehörigen und Freunden. Da Hans Stroh jedoch aufgrund seiner starken Religiosität keine klare Trennung zwischen seinem Amt, seinen anderen Tätigkeiten und seinem privaten Angelegenheiten zog und er außerdem seine Sorgen und Gedanken mit nahe stehenden Personen teilte, kann diese Korrespondenz durchaus inhaltlich wichtige Dinge seines Lebens widerspiegeln. Somit liegt es nahe, auch die Korrespondenz als interessante Quelle in Betracht zu ziehen. Ferner sagen die Briefe und auch die Glückwunschpost zu Geburtstagen viel über den Menschen Hans Stroh und seine zwischenmenschlichen Beziehungen aus. In den mit "Diverse Korrespondenz" betitelten Verzeichnis-Einheiten konnten keine größeren zusammenhängenden Schriftwechsel mit bestimmten Personen bzw. Institution festgestellt werden. Vielmehr enthalten sie v. a. Gedankenaustausch zu verschiedenen Themen mit unterschiedlichen Korrespondenzpartnern. Die Korrespondenz von Angehörigen der Waldkirchengemeinde Stuttgart, die größtenteils gesondert aufgeführt ist, also nicht zu den genannten 125 Einheiten zählt, spiegelt das Verhältnis der Gemeindemitglieder zu ihrem Pfarrer wider. In den meisten Fällen bedanken sich diese für den geistigen und seelischen Beistand oder sonstige Hilfe und Aufmerksamkeiten Hans Strohs, lassen ihn durch Berichte aus ihrem Leben (z. B. Wehrmachtsalltag) an selbigem teilhaben oder übermitteln Glück- und Segenswünsche. Auch hier ist kein Hervortreten einzelnen Personen feststellbar.
Uwe Heizmann Stuttgart, 2010 ---
Ergänzung 2020
Im April übersandte Elisabeth Fauser zehn Audiokassetten mit Aufnahmen von Vorträgen aus der Vortragsreihe im Evangelischen Gemeindezentrum Jubilate in Orschel-Hagen (Reutlingen). Die Aufnahmen wurden von ihrem Ehemann Johannes Albert Fauser, dem damals geschäftsführenden Pfarrer in Orschel-Hagen, gemacht. Das Ehepaar Fauser war außerdem mit dem Ehepaar Stroh befreundet. Acht der Audiokassetten enthalten Aufnahmen von Hans Strohs Vortragreihe "Martin Luthers Leben und Werk" (vgl. Nr. 268), eine enthält einen weiteren Vortrag von Stroh. Die Audiokassetten wurden als Ergänzung dem Nachlass Strohs angeschlossen. Neben Strohs umfangreichem schriftlichen Nachlasse stellen die Tonaufnahmen eine sinnvolle Ergänzung dar. Die zehnte Audiokassette enthält einen Vortag von Pfarrer Dr. Stefan Strohm, die der Vollständigkeit halber mit übernommen wurde.
Technische Qualität und inhaltlicher Wert der Aufnahmen Die Qualität der Aufnahmen auf den Audiokassetten ist in den meisten Fällen recht gut, wenn auch vereinzelt Aufnahmen Rauschen aufweisen. Lediglich die Informationsverluste, die durch die Seitenwechsel oder zu spätes Starten oder zu frühes Beenden der Aufnahme entstanden sind (der Sprecher hat aus nachvollziehbaren Gründen keine Pause deswegen gemacht), mindern diese Qualität. Die Aufnahmen stellen eine wertvolle Ergänzung zur schriftlichen Überlieferung des Bestandes dar.
Digitalisierung und Bearbeitung Die Audiokassetten wurden mit dem Doppelkassettendeck „TEAC W-890RMKII abgespielt. Die analogen Audiosignale wurden mit der externen Soundkarte „Focusrite Scarlett 2i2 in digitale Audiosignale umgewandelt, die dann am PC mit dem Audioeditor „Audacity (Version 2.4.2) aufgezeichnet und als Audiodateien abgespeichert wurden. Die Aufnahmen auf den Audiokassetten sind in Stereo. Da sie jedoch nur Sprache enthalten, wurden die Audiodateien zwecks Speicherplatzeinsparung in Mono abgespeichert. Die Audiokassetten wurden mit normaler Bandgeschwindigkeit abgespielt. Bei allen Audiodateien wurden die durch den Digitalisierungsvorgang bedingte Stille am Anfang und am Ende der Audiodatei sowie die durch den ursprünglichen Aufnahmevorgang bedingte Stille und Geräusche ohne Informationsgehalt (z.B. Gemurmel, Geräusch von aufstehenden Menschen, Applaus) am Anfang und am Ende entfernt. Eine weitere Bearbeitung (z.B. Entfernen von Rauschen) der Audiodateien fand nicht statt. Die Aufnahmen wurden mit einer Abtastrate (Samplerate) von 48 kHz und einem Abtastformat (Audio-Wortlänge) von 24 bit digitalisiert. Die Dateien sind im Archivierungsformat FLAC (Free Lossless Audio Codec, Encoder-Bibliothek libFLAC 1.3.1) abgespeichert. In den Metadaten der FLAC-Dateien ist lediglich im Kommentar das Archiv, die Bestandssignatur und die Nummer der Verzeichnungseinheit gespeichert. Die Dateinamen wurden entsprechend folgendem Beispiel gebildet: LKAS_D-47_Nr-404_A. Hierbei steht LKAS für das Landeskirchliche Archiv Stuttgart, anschließend folgt die Bestandssignatur, dann die Nummer der Verzeichnungseinheit. Am Ende steht A oder B für die jeweilige Seite der Audiokassette. Bei jeder Verzeichnungseinheit ist die Gesamtspieldauer und die Spieldauer pro Audiodatei im Format h:mm:ss angegeben.
Empfehlung Bei Audiodateien mit mehreren Aufnahmen bzw. zur besseren Navigation innerhalb der Audiodatei ist es hilfreich, diese nicht mit einem Mediaplayer, sondern mit einem Audioeditor abzuspielen, da in diesem das Audiosignal visualisiert ist, wodurch Pausen bzw. Aufnahmeschnitte optisch erkennbar sind.
Uwe Heizmann Stuttgart, 2020 |